Fritten sind nicht gleich Pommes, oder?!

Belgien ist, ihr wisst es schon, ein sehr kompliziertes Land. Aber es gibt eine Sache, in der sich alle Belgier sofort einig sind: wir sind die Könige der Fritten! Beziehungsweise les rois de la frite und de koning van de friet. Pommes (de terre) frites ist die französische Bezeichnung für frittierte (Erd)Äpfel. Die Kurzform ist Fritten, frites und frieten - aber ganz sicher nicht Pommes!

Wenn es um die Herkunft der Fritten geht, zirkulieren mehrere Legenden und Geschichten. Die plausibelste jedoch ist diese: angeblich beschreibt ein Dokument des ständigen Sekretärs der österreichischen Kaiserin Maria Theresa (Belgien gehörte damals zu den österreichischen Niederlanden) aus dem Jahr 1781 die Zubereitung von Pommes frites auf dem Gebiet des heutigen Belgiens sei schon seit mehr als 100 Jahren dort verbreitet: Die Einwohner von Namur, Huy und Dinant haben die Gewohnheit, in der Maas zu fischen, diesen Fang dann zu frittieren, um ihren Speisezettel zu erweitern. Wenn die Gewässer zugefroren sind und das Angeln nur schwer möglich ist, schneiden die Einwohner Kartoffeln in Fischform und frittieren diese. Die Authentizität dieses Dokuments ist umstritten, denn die Nutzung von Kartoffeln im Umland der Maas ist erst seit 1709 tatsächlich belegt. Ein Teil des Problems die Herkunft der Fritten zweifelsfrei zu belegen, liegt unter anderem darin, dass im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts unter dem Begriff „pommes de terre frites“ unterschiedliche Zubereitungsweisen verstanden wurden. Historische Rezepte belegen, dass unter diesem Begriff meist in Butter gebratene Kartoffelscheiben gemeint waren. Dies würde den englischen Begriff „Chips“ erklären. Es wird angenommen der Ursprung des Frittierens von Kartoffeln liege in den Jahrmärkten des 18. Jahrhunderts, aber die Stäbchenform sei wohl erst Anfang des 20. Jahrhunderts aufgekommen.

Wie dem auch sei, heute gelten Fritten außerhalb von Belgien, Frankreich und den Niederlanden als einfache Beilage zu Fleischgerichten. In Belgien jedoch ist es nicht selten auch in sehr guten Restaurants zum hochklassigen Fleisch Fritten serviert zu bekommen, selbstgemachte Fritten wohlgemerkt, denn Tiefkühlfritten sind allgemein verpönt.

Bildquellen:

- Takeaway, CC BY-SA 3.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0>, via Wikimedia Commons

Typisch belgische Frittentüte

Eine Fritte spezial bitte!

Hinzu kommen die zahlreich vorhandenen Fritüren, „Friterie“ oder „Frituurgenannt. Diese Imbissstände, die es in allen Formaten und Variationen gibt, bieten ausschließlich frittiertes Essen an. Zu den Fritten isst man (frittierte) Burger, (frittierte) Würste (die bekannteste ist die Frikadellenwurst, auch Frikandel genannt) und (frittierte) Fleischspieße. Gerne auch im Format „spezial“, mit reichlich Mayonnaise, Curryketchup und Zwiebeln (geröstet oder frisch).

DIE Soße zu belgischen Fritten ist Mayonnaise - richtige Mayonnaise! Eine belgische Gesetzgebung aus dem Jahr 1955 schreibt vor Mayonnaise dürfe nur so genannt werden, wenn sie mindestens zu 80% aus pflanzlichen Fetten und 7,5% Hühnereigelb besteht. Dies würde in Deutschland ungefähr dem Begriff der Delikatess-Mayonnaise entsprechen. Das am häufigsten eingesetzte Öl zur Herstellung von Mayonnaise ist Rapsöl. Andere bekannte Soßen sind Andalouse (Mayonnaise mit Tomatenmark), Samurai (Mayonnaise mit Sambal) und Cocktail (meist mit Whisky, Cognac oder Sherry verfeinert).

Ein Wort noch zum verwendeten Frittenfett: in Belgien wird vorrangig Rinderfett zum Frittieren eingesetzt. Um den authentischen Geschmack der belgischen Fritten zu erreichen, wird die Verwendung von Rinderfett empfohlen. Rinderfett hat eine sehr hohe Hitzebeständigkeit, sehr gute Frittiereigenschaften und eine lange Lebensdauer. Deswegen wird in Fritüren in den Benelux Ländern seit jeher hochreines 100%iges Rinderfett verwendet. Tierisches Fett enthält zwar (ungesunde) gesättigte Fettsäuren, jedoch enthält es keine (sehr ungesunden) Transfette. Pflanzliche Frittieröle enthalten wiederum (gesunde) ungesättigte Fettsäuren, aber durch das regelmäßige Erhitzen und Luft- und Lichteinflüsse werden die ungesättigten Fettsäuren in (sehr ungesunde) Transfette umgesetzt. Wenn sie also pflanzliche Öle verwenden, achten sie darauf es nicht zu überhitzen und es häufig zu wechseln. Im allgemeinen empfehlen Hersteller von pflanzlichen Ölen und Fetten es bis auf maximal 175°C zu erhitzen.

Bildquellen:

- Fritüre, Door Wouter Hagens - Eigen werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=10969695

- Angebot, Door Jim Maes - https://www.flickr.com/photos/jiza/5538270476/, CC BY-SA 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=14971456

Typisches Angebot einer Fritüre

Fun facts:

- Belgien weist den weltweit höchsten Pro-Kopf-Verbrauch an Fritten auf, ca. 25 kg pro Jahr!

- Belgien ist der weltweit größte Exporteur von Fertigfritten, ca. 3 Millionen Tonnen pro Jahr!

- Belgien zählt ca. 5.000 Fritüren. Also 1 Fritüre pro 6 km² oder 2.200 Einwohner!

- Weltweit werden pro Jahr 11 Millionen Tonnen frittierter Kartoffelstäbchen verzehrt. Das entspricht 350 kg pro Sekunde!

- Fritten sind fester Bestandteil mehrerer Nationalgerichte: Moules-frites (Miesmuscheln mit Fritten in Belgien), Fish & Chips (panierter Fisch mit Fritten in England) und Poutine (frittierte Käsebruchstücke mit Fritten in Kanada).

- Die erste Woche im Dezember ist der Fritte gewidmet, die „Woche der Fritten“. 2014 nutzte man sie, um für die Eintragung der belgischen Frittenkultur als immaterielles Kulturerbe der UNESCO zu werben. Dem Antrag wurde noch nicht stattgegeben, aber die belgischen Regionen haben die Frittenbuden-Kultur bereits als Kulturerbe anerkannt.

Bildquellen:

- Moules frites, dennis and aimee jonez, CC BY-SA 2.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0>, via Wikimedia Commons

- Fish & chips, Charles Haynes from Bangalore, India, CC BY-SA 2.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0>, via Wikimedia Commons

- Poutine, Jonathunder, GFDL 1.2 <http://www.gnu.org/licenses/old-licenses/fdl-1.2.html>, via Wikimedia Commons

Belgische Moules & Frites

Englische Fish & Chips

Kanadische Poutine

Das Geheimnis der echten belgischen Fritten

- Verwenden sie mehlige Kartoffeln, am besten Bintje. Diese enthalten nicht nur genügend Stärke, sondern haben auch die richtige Größe, um schöne dicke Stäbchen zu schneiden.

- Schneiden sie die Fritten nicht zu dünn, damit das Innere schön crèmig ist. Die perfekte Dicke sind 11x11 mm.

- Spülen sie die frisch geschnittenen Fritten mit kaltem Wasser ab und tupfen sie sie mit einem Papiertuch gut trocken.

- Benutzen sie Rinderfett zum Frittieren.

- Frittieren sie die frisch geschnittenen Fritten vor. Der Frittenkessel sollte auf ca. 150°C vorgeheizt sein. Je nach Größe und Dicke der Stäbchen 4-5 Minuten. Die Fritten sprudeln nach dieser Zeit an der Oberfläche. Durch das Vorfrittieren wird die raue Kartoffel langsam fast gar frittiert und verliert einen Großteil ihrer Feuchtigkeit. Die Fritten sind noch weiß.

- Die Fritten sollten abgedeckt mindestens 30 Minuten auf Raumtemperatur abkühlen (besser länger).

- Anschließend werden die vorfrittierten Fritten in 180°C erhitztem Fett zu Ende frittiert. Das Ziel des 2. Frittierens ist es die Fritten knusprig zu machen. Das dauert 2-3 Minuten. Die Fritten sollten jetzt eine schöne goldgelbe Farbe haben.

- Überschüssiges Fett abschütteln und in eine große Schüssel geben. Die Fritten in der Schüssel noch ein paar Mal "hochwerfen".

- Salzen und am besten mit selbstgemachter Mayonnaise genießen. Für alle, die dafür zu bequem sind: schauen sie sich in meinem Shop nach den geeigneten Soßen um.

Für experimentierfreudige Frittengenießer: nutzen sie statt normalem Salz Trüffelsalz. Mit etwas frischgehackter Petersilie bestreuen und gehobeltem Parmesan toppen.

Bildquelle:

- Frietmuseum, Brugge